|
Charta von Parma
Endgültige Version, 19. November 2003
Präambel
Dieses Dokument unterstützt und führt die grundlegenden
Prinzipien von Lund fort.
Die Group of the National Representatives (NRG) (Gruppe der nationalen
Repräsentanten), die von den zuständigen nationalen
Behörden für Kultur in der Europäischen Union bestellt
worden sind, hat sich am 19. November 2003 in Parma zusammengefunden
und sich auf folgende Prämissen und Artikeln geeinigt, die
zusammen dieses Dokument ausmachen.
Die Deklaration ist gedacht als ein weiter wachsendes Dokument,
das andere Initiativen, wie zum Beispiel das Brussels Quality
Framework, integriert und offen ist für Verbesserungsvorschläge
zur Erfüllung der in diesem Dokument formulierten Zielvorgaben.
Die Umsetzung erfolgt über die Mechanismen des Lund Aktionsplans
sowie im Rahmen der regulären Treffen des NRGs und wird operationell
vom europäischen Minerva Netzwerk unterstützt.
Die Reichhaltigkeit des kulturellen und wissenschaftlichen Erbes
in Europa erfordert die uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu
ihrer Erhaltung und Valorisierung. Die Informationsgesellschaft
sowie die zunehmende Verbreitung von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien
nehmen Einfluss auf die Politik der Mitgliedstaaten und deren
Initiativen - auch bezüglich des kulturellen und wissenschaftlichen
Erbes.
Digitalisierung ist essentiell für europäische Kultureinrichtungen
hinsichtlich der Erhaltung und der Valorisierung des europäischen
kollektiven Kulturerbes, der Sicherung der kulturellen Vielfalt,
des verbesserter Zugangs der BürgerInnen zu diesem Erbe,
der Stärkung von Bildung und Tourismus sowie der Leistung
eines Beitrages zur Entwicklung von neuen digitalen Inhalten und
der Service-Industrie. Um den Erfolg, die Wirtschaftlichkeit sowie
die Nachhaltigkeit von Initiativen in diesem Bereich sicher zu
stellen, müssen zunächst die wesentliche Anforderungen
identifiziert werden:
- Es besteht ein großer Bedarf an politischen und institutionellen
Strategien sowie deren Harmonisierung; auch das Bewusstsein
und die Wahrnehmung um die Entwicklung in anderen Staaten (und
innerhalb anderer Staaten) auf Politik-, Programm- und Projektebene
muss gestärkt werden;
- Richtlinien und Best Practice Beispiele, um die Kosteneffizienz
und die Qualität der Digitalisierungsinitiativen zu verbessern,
sind gefragt;
- Standards, die Interoperabilität unterstützen und
den europaweiten Zugang zu digitalisierten Inhalten erleichtern
- Der Bedarf einer inhaltlichen Fokusierung, zur Verbesserung
der Koordination von europäischen Politiken für die
Digitalisierung von kulturellen Inhalten;
- Die neuen Beitrittsstaaten können von der Erfahrung
der jetzigen EU-Mitgliedstaaten profitieren und gemeinsam die
bestehenden Stärken besser zu nutzen, Potenziale besser
ausschöpfen zu können sowie Schwächen zu identifizieren
und damit eine gemeinsame Forschungsagenda zu formulieren.
Unter Berücksichtigung der oben genannten
Prämissen hat sich die National Representatives Group auf
die Realisierung der folgenden Ziele geeinigt
- Artikel 1 – Vernünftige Verwendung
von neuen Technologien
Die National Representatives Group wird kulturelle Einrichtungen
in Europa in deren Bestrebungen unterstützen, Kultur und
Wissen durch den angemessenen Einsatz von neuen Technologien,
insbesondere das Internet und das Web, zu verbreiten.
- Artikel 2 - Zugänglichkeit
Die National Representatives Group sieht Zugänglichkeit
als fundamentales Kriterium für alle BürgerInnen,
unabhängig von Alter oder technischem Verständnis.
Besondere Aufmerksamkeit soll Personen mit Behinderungen und
Beeinträchtigungen zu Teil kommen. Deshalb werden die Erfordernisse
für die Zugänglichkeit in verschiedensten Aspekten
in allen Richtlinien und Empfehlungen durch die Gruppe integriert.
Diese Voraussetzungen werden im Kontext von internationalen
Standards für Zugänglichkeit entwickelt, wie zum Beispiel
die Empfehlungen des World Wide Web Konsortiums oder ähnlicher
Initiativen.
- Artikel 3 - Qualität
Die National Represenatives Group wird der Umsetzung von Qualitätsstandards
für kulturelle und wissenschaftliche Web-Applikationen
besondere Aufmerksamkeit schenken. Es wird die Ergebnisse von
Minerva disseminieren und fördern sowie öffentliche
Informationsveranstaltungen sowie Ausbildungsinitiativen unterstützen.
- Artikel 4 – Urheberrechte (IPRs)
und Privatsphäre
Die NRG erkennt die Wichtigkeit, eine Balance zwischen Zugang
zu wissenschaftlichem und Kulturerbe und gleichzeitiger Respektierung
von Urheberrechten (Intellectual Property Rights – IPRs)
sowie der Privatsphäre eines jeden einzelnen zu halten.
Deshalb will die Gruppe die Adaption von verfügbaren technischen
und rechtlichen Instrumenten zur Verbesserung der Zugänglichkeit
und der Überwindung von legislativen und normativen Beschränkungen
vorantreiben. Sie wird sich auch verstärkt um den Dialog
zwischen den Kulturen und Wissenschaft, IPR Experten, Firmen
die Management-Systeme für digitale Rechte entwickeln sowie
der Content Industrie bemühen.
- Artikel 5 – Interoperabilität
und Standards
Die National Representatives Group ist bestrebt, dass alle BürgerInnen
in der Lage sind, Inhalte gemäß ihrer spezifischen
Bedürfnisse zu finden. Deshalb unterstützt sie die
Einführung von technischen Richtlinien und offenen Standards
für e-Services, die die integrierte und umfassende Darstellung
von Europas wissenschaftlichem und kulturellem Erbe ermöglicht.
- Artikel 6 – Inventare und Mehrsprachigkeit
Die National Representatives Group erkennt, dass das Wissen
um existierende Bestände und bestehender Ressourcen sowie
das sorgfältige Monitoring von neuen Entwicklungen in diesem
Bereich nötige Voraussetzungen für die Realisierung
von Dienstleistungen für die europäische BürgerInnen
sind. Aufgabe dieser Services muss es sein, kulturelle und wissenschaftlich
relevante digitale Ressourcen zugänglich zu machen. Neben
dem Wissen um diese Bestände ist es auch notwendig, nachhaltige
technische Infrastrukturen auf europäischer Ebene und mehrsprachig
zu definieren, die es erlauben solche Ressourcen zu finden und
zugänglich zu machen. Die National Representatives Group
verpflichtet sich zur Unterstützung dieser Ziele.
- Artikel 7 - Benchmarking
Die National Representatives Gruppe erkennt die Wichtigkeit
von Benchmarking Aktivitäten, v.a. hinsichtlich der folgenden
Zielsetzungen:
- Wissensfortschritte von anderen;
- Monitoring sowohl von Fortschritten als auch von sich
abzeichnenden Hindernissen durch die Analyse von Ereignissen
in anderen Ländern;
- die Stärkung der Beteiligung von kulturellen Institutionen,
insbesondere hinsichtlich der Präsentation ihrer Einrichtung,
ihrer Politik sowie ihrer Programme und Projekte.
Deshalb unterstützt die NRG Kampagnen zur Datengewinnung
in jedem der teilnehmenden Ländern und empfiehlt die regelmäßige
Veröffentlichung von Berichten über Resultate und
deren Analyse. Über Minerva sind die Benchmarking-Fragebögen
gemeinsam mit den dazugehörigen ausgewerteten Statistiken
dieser Fragebögen in Echtzeit online verfügbar.
- Artikel 8 – Kooperation auf nationaler,
europäischer und internationalen Ebene
Die Kooperation von nationalen, europäischen und internationalen
Institutionen und Organisationen, die sich mit der Erhaltung
und der Valorisierung von kulturellem und wissenschaftlichem
Erbe beschäftigt, soll gefördert werden. Die NRG verpflichtet
sich deshalb dazu, dass:
- nationale Institutionen Experten nominieren, die mit
bestehenden Arbeitsgruppen zusammenarbeiten;
- die NRG und das Minerva-Netzwerk den Mitgliedstaaten
als Referenz für zukünftiges Wachstum und kontinuierliche
Erneuerung dient.
Die NRG wird die Zusammenarbeit zwischen nationalen und europäischen
Programmen unterstützen, mit dem Ziel, die Verwendung von
finanziellen Ressourcen zu optimieren, Erfahrung auszutauschen
sowie neue gemeinsame Initiativen ins Leben zu rufen. Insbesondere
bittet die NRG die Europäische Kommission dazu:
- die NRG und Minerva so lange zu unterstützen bis
die Ziele, wie sie in dieser Charta formuliert sind, umgesetzt
sind;
- · hinsichtlich der Definierung und Implementierung
von Programmen zur Unterstützung der europäischen
Kultur die NRG Aktivitäten zu berücksichtigen.
- Artikel 9 - Erweiterung
Die NRG, unterstützt durch das Minerva Netzwerk, ist eine
offene Gemeinschaft. Deshalb wird parallel ein Ansatz zur Aufnahme
von neuen Ländern und neuen Sektoren der Zivilgesellschaft
entwickelt. In Anbetracht der internationalen Abkommen der Europäischen
Union liegt die Priorität auf folgenden Staaten: die assoziierten
Beitrittswerber-Staaten, Russland, Israel und die mediterranen
Staaten sowie die USA und Kanada. Generell ist das Netzwerk
aber für alle interessierten Staaten offen.
Spezifische Beziehungen werden im Rahmen von Kooperationsabkommen
mit folgenden Sektoren geschlossen werden:
- mit der Privatwirtschaft sowie dem Industriellen Sektor,
v.a. mit der Software-, Medien- und der Content-Industrien
sowie Organisationen, die sich mit dem Schutz von IPRs beschäftigen;
- mit dem Tourismussektor;
- mit dem Bildungssektor;
- mit Forschung und Wissenschaft.
- Artikel 10 – Die Zukunft gemeinsam
gestalten: An die Spitze der Informations-gesellschaft
Die entstehenden Online-Kulturportale stellen einen wichtigen
Faktor für die Entwicklung einer Informationsgesellschaft
für alle dar. Das Fundament für diese Portale bilden
die Kulturwebseiten. Sie müssen hohe Qualität und
Interoperabilität vereinen und den realen Bedürfnissen
der europäischen BürgerInnen entsprechen. Eine Vielzahl
an verschiedenen Akteuren mit unterschiedlichen Fähigkeiten,
Interessen und ökonomischen Ressourcen sind erforderlich
um das gemeinsame Ziel der Implementierung von nachhaltigen
Services für das öffentliche Interesse umsetzen zu
können. Diese Umsetzung soll innerhalb eines gemeinsamen
und koordinierten Ansatzes aller Kulturerbe-Bereiche erfolgen.
Die NRG wird eine leitende/zentrale Rolle in diesem Prozess
spielen - durch die Durchführung einer Reihe von Unterstützungsaktivitäten,
die darauf abzielen:
- die Abstimmung zwischen nationalen und regionalen Services
zu verbessern;
- die Adaption von erfolgreichen Modellen anderer Länder
und Regionen zu fördern;
- die Entwicklung von kulturellen e-Services, die den Bedürfnissen
von Lernenden, Touristen und BürgerInnen als auch der
Kultur- und Kreativindustrie entsprechen, voranzutreiben;
- die Umsetzung von transeuropäischen Kultur- und
Wissenschaftsportalen auf Basis verteilter Systeme zu fördern.
|
|
|